Die Geschichte der Kreuzkirche Chemnitz
Die Geschichte der Kreuzgemeinde beginnt im Jahre 1914: Der inzwischen dicht besiedelte nördliche Kaßberg wurde aus dem Gebiet der damaligen St. Pauligemeinde herausgelöst und eine neue Kirchgemeinde mit reichlich 15.000 Mitgliedern gegründet. Bereits 1911 hatte man in Vorbereitung für den Bau eines Gemeindezentrums ein Grundstück am Andréplatz erworben, auf dem zunächst ein Pfarrhaus mit anschließendem Gemeindesaal errichtet wurde. Die Pläne stammten vom Chemnitzer Architekten Heinrich Straumer. Der im selben Zuge projektierte Kirchenbau kam in Folge des Ersten Weltkriegs nicht zur Ausführung. Immerhin konnten 1925 vier Glocken für die Kreuzgemeinde angeschafft werden, die in einem provisorischen Glockenturm ihren Platz fanden.
Konkrete Schritte zum Bau einer Pfarrkirche konnten erst im Jahre 1934 eingeleitet werden. Ein Wettbewerb unter führenden deutschen Architekten brachte 52 Entwürfe, von denen nach längerer Diskussion derjenige von Professor Otto Bartning (Berlin) zur Ausführung bestimmt wurde. Am 10. August 1935 konnte der Grundstein gelegt werden, die festliche Einweihung der neuen Kreuzkirche fand am 25. Oktober 1936 statt.
In zahlreichen wegweisenden Kirchen für verschiedene deutsche Städte hatte Otto Bartning zuvor seine künstlerischen und liturgischen Vorstellungen vom modernen Sakralbau verwirklicht. Die Chemnitzer Kreuzkirche gehört zu seinen bedeutendsten Werken und zu den wenigen Kirchenneubauten Sachsens in der Zwischenkriegszeit. Es entstand eine geräumige Saalkirche mit niedrigen Seitenschiffen und seitlich angeordnetem, 40 Meter hohem Glockenturm. Der Bau war als werksteinverkleidete Stahlkonstruktion konzipiert, der Westgiebel entfaltet durch seine Gestaltung mit Chloridschiefer eine besonders monumentale Wirkung. Der weite Innenraum war aus den Anforderungen des evangelischen Predigtgottesdienstes entwickelt, mit einer niedrigen schmiedeeisernen Kanzel zentral vor den beiden Gestühlsreihen. Der Altarplatz wurde beherrscht durch ein Hochkreuz mit dahinter angeordnetem Wandmosaik. Gegenüber auf der Westempore bildete der Orgelprospekt den „klingenden“ Abschluss. Eine sorgfältig ausgeklügelte Lichtführung tauchte den Raum in eine feierlich-verklärte Stimmung.
Der Bau der Kreuzkirche erfolgte unter den Vorzeichen des sich bereits abzeichnenden Krieges. Aus diesem Grund war auch an die Anlage eines Luftschutzraumes gedacht worden. Schon bald zeigte sich die Notwendigkeit dieser Maßnahme. 1942 enteignete man die Glocken, um sie der Rüstungsproduktion zuzuführen. Am 5. März 1945 brannte die Kirche beim verheerenden Bombenangriff auf Chemnitz aus. Die Stahlkonstruktion des Schiffes wurde durch das Feuer deformiert und brach ein, so dass nur die beiden Giebelwände sowie der Turm stehen blieben. Ebenfalls zerstört wurden das Pfarr- und Gemeindehaus.
Mit der Kreuzkirche war auch St. Pauli, die Pfarrkirche der Muttergemeinde am Getreidemarkt, zerstört worden. Aus diesem Grund vereinigten sich beide Gemeinden im November 1945 zur Pauli-Kreuz-Gemeinde. Zum neuen Zentrum wurde die Kreuzkirche bestimmt, da ihr Einzugsbereich weitgehend intakt geblieben war. In ihren Turm überführte man 1947 die unversehrten Stahlglocken der Paulikirche. Nach langen Planungen und der Enttrümmerung des Grundstücks durch die Gemeinde begann 1951 der Wiederaufbau. Unter Leitung der Chemnitzer Architekten Dr. Georg Laudeley und August Kornfeld erhielt die Kirche nach außen ihr vertrautes Gesicht zurück. Für den Innenraum wurde auf Wunsch der Gemeinde ein neues Konzept entwickelt. Vielen hatte die strenge Gestaltung Bartnings nicht zugesagt. Der Altarraum wurde aufwändiger als bisher ausgestattet und mit einem monumentalen Kruzifix der Greizer Künstlerin Elly-Viola Nahmmacher geziert. Es zeigt in romanischer Tradition Christus als den siegreichen Erlöser am Kreuz. Die Wände des Schiffes erhielten einen Bilderfries des Malers Curt Metze aus Leipzig mit verschiedenen Stationen aus dem Leben Jesu und der jungen christlichen Gemeinde. Eine Neuerung war außerdem der Einbau von Gemeinderäumen unterhalb der Orgelempore.
Die Einweihung der wieder aufgebauten Kreuzkirche konnte am 24. Oktober 1954 vollzogen werden. Mit der Fertigstellung der neuen Orgel, die – wie ihre Vorgängerin – durch die Firma Hermann Eule (Bautzen) erstellt worden war, fand der Wiederaufbau 1958 seinen Abschluss. Von einigen kleineren Veränderungen und dem Einbau einer neuen Orgel in das bestehende Gehäuse (Firma Eule, 1993) abgesehen, hat sich der Bau seine damals geschaffene Gestalt bis heute bewahrt.
Dr. Stefan Thiele